Atelier Hoffmann
AUS GUTEM GRUND, GRUPPENAUSTELLUNG, IN DER GALERIE WIDMERTHODORIDIS, ESCHLIKON 2014
AUS GUTEM GRUND, GROUP EXHIBITION AT GALLERY WIDMERTHEODORIDIS, ESCHLIKON 2014
Wie aus der Zeit gefallen wirkt das Atelier Hoffmann, das älteste Tageslichtatelier in Basel, vor weit über hundert Jahren gebaut. Drei Generationen von Fotografen und Künstlern wirkten hier. Im Zeitalter der allgegenwärtigen digitalen Selfies erinnert es an eine längst vergangene Zeit, als der Besuch beim Fotografen noch ein Ereignis war, das fotografische Portrait ein bürgerliches Statussymbol. An diese Tradition knüpft Gerhard Hintermann mit seinen Bildern an, die durch den genius loci des Atelier Hoffmann und seinem mit Wetter und Tageszeiten wechselnden Licht inspiriert wurden. Hintermann, der sich immer wieder mit Möglichkeiten und Grenzen des Portraits auseinandergesetzt hat, bedient sich der Stilmittel der Portraitfotografie zur Jahrhundertwende, um eine fiktive andere queere Vergangenheit festzuhalten. Die Lust am Inszenieren, am Stöbern nach Kostümen und Requisiten in Brockenhäusern, hält die Balance mit Wunsch des Portraitisten, wahrheitsgetreu, etwas über sein Modell auszusagen. Hintermann fotografierte Freunde und Bekannte, aber auch Menschen von der Straße, die sein Auge fesselten. Jedes Portraits scheint eine Geschichte zu erzählen, lässt das Wesen des Portraitierten durch Verkleidung sichtbar werden, zeigt eine Wahrheit der Masken. Zusammen fügen sie sich zu einem dichten Figurenkosmos, der den Betrachter einlädt, sich die Geschichten auszudenken, die die Bilder verbinden.
Text von Martin Jäggi
Dozent für Theorie der Fotografie und Künstlerische Praxis, freischaffender Publizist (Weltwoche, Tages-Anzeiger)
Seemingly fallen out of time, Atelier Hoffmann, the oldest daylight atelier in Basel, was built well over a hundred years ago. Three generations of photographers and artists used to work here. In today’s era of the ubiquitous selfie, it recalls a long-gone time when a visit to the photographer’s was still an event, the photographic portrait a bourgeois status symbol. Gerhard Hintermann follows this tradition with his images, which were inspired by the genius loci of Atelier Hoffmann and its light, which changed depending on the weather and time of day. Hintermann, who has frequently explored the possibilities and limits of the portrait, uses the stylistic devices of portrait photography at the turn of the century to capture a fictional, different, and queer past. The love of composing, of browsing around thrift shops for costumes and props remains in balance with the portrayer’s wish to make a truthful statement about his model. Hintermann photographed friends and acquaintances as well as people in the street who caught his eye. Each portrait seems to tell a story, making the essence of the portrayed visible through disguise, revealing a truth of the masks. Together, they create a dense universe of figures, inviting the viewer to think of stories which connect these images.
Text by Martin Jäggi
Lecturer on the theory of photography and artistic practice, freelance publicist (Weltwoche, Tages-Anzeiger)
Herzlichen Dank allen Modellen und namentlich Martin Jäggi für den Text sowie meinen Gastgebern Patric Binda, Stephan Kalt und Felix Hoffmann.