Negativ-Positiv

NEGATIV-POSITIV, AUSSTELLUNG IN DER GALERIE WIDMERTHEODORIDIS, ZÜRICH, 2008
NEGATIV-POSITIV, EXHIBITION AT GALLERY WIDMERTHEODORIDIS, ZURICH, 2008 

"Negativ-Positiv" konfrontiert seine Betrachter auf Augenhöhe. Meine Arbeit ist der visuelle Versuch, das HI-Virus, die Krankheit Aids zu entstigmatisieren. Ob er gelingt liegt auch am Willen der Schauenden, sich auf diese Konfrontation einzulassen. Die Begegnung mit dem unverwandten Blick meiner portraitierten Modelle soll Fragen auf – und auch zurückwerfen, allen voran natürlich: "Negativ ? Positiv ?" Die Flucht in Zahlen, Statistiken und vor allem in sichtbare Gewissheiten bleibt verwehrt. Die Portraitreihe ist meine Dokumentation einer Ist-Situation, meine Art und Weise, dem Status-Quo ein menschliches Antlitz zu verleihen, vielleicht zurückzugeben. "Negativ-Positiv" sind 78 Portraits entstanden aus und nach den Gesprächen über die Sexualität meiner Modelle; die Bilder selbst eine Fortführung dieses Dialogs durch die Kamera. Sprechen, nicht nur über Sexualität: Wo, wie und mit wem wie oft, auch über Verantwortung, Respekt, Selbstbewusstsein und Selbstbetrug. Entstanden sind die Bilder in der Hoffnung, dass sich im Anschluss ein befreiter, ein ehrlicher Blick offenbart. Und der pflanzt sich im Idealfall fort von den Portraitierten über meinen Blick in die Kamera – auf Film entwickelt und Fotopapier gebannt – hin zu den Blicken der Betrachtenden. "Negativ-Positiv" macht HIV nicht sichtbar, aber vielleicht wieder ein wenig öffentlicher. Ohne meinen portraitierten Gesprächspartnern den Rahmen des Privaten rauben zu wollen, stelle ich die Bilder die Spuren meiner Begegnungen, in den öffentlichen Raum. Nicht moralisieren, aber die Frage nach einer Verantwortung stellen, denn "Ein Virus kennt keine Moral".

Text: Gerhard Hintermann zusammen mit Michael Vögtlin, Dipl. Des. Medien und Freier Dramaturg

"Negativ-Positiv" confronts the viewer eye to eye. My work is a visual attempt to take away the stigma of the HI-virus, of the disease known as AIDS. Whether it is successful, depends on the viewer’s will to face this confrontation. The encounter with my models’ steadfast gazes raises many questions, first of all: "Negative? Positive?" There is no escape into numbers, statistics, and visible certainties. This series of portraits is my documentation of a given situation, my way of giving the status quo a face. "Negativ-Positiv" consists of 78 portraits, originating in conversations with my models about their sexuality. The pictures continue these dialogues by means of the camera. Talking – not only about sexuality (who, how, and how often with whom?) –  but also about responsibility, respect, self-confidence and self-betrayal. The portraits result from the hope that the models would offer me a liberated, honest gaze after the conversations. Ideally, there is a trajectory from the sitter, mediated by my gaze and the camera, reaching the viewer looking at the developed pictures. "Negativ-Positiv" doesn’t visualize HIV, but brings it into the open, into the public. It sets the portrayed traces of our conversations into public space, without robbing the sitters of their privacy. Not moralizing but questioning responsibility because a virus doesn’t know of moral standards.

Text by Michael Vögtlin, Master of Arts in Design and freelance dramatic adviser and Gerhard Hintermann Translated by Caroline Gebel, dreistil.ch

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